DIE „NEUE RECHTE“

UND DAS NETZWERK ZWISCHEN AFD, „IDENTITÄRER BEWEGUNG“ UND EXTREM RECHTEN VERLAGEN.

Die „Alternative für Deutschland“ (AfD) in Halle ist – nachdem sie sich zwischenzeitlich zerstritten hatte und Stadträt_innen von ihrem Amt zurücktraten – schon jetzt mit einer eigenen Fraktion im Stadtrat vertreten. Immer wieder fallen ihre Stadträt_innen mit rassistischen Beiträgen auf. Stadtrat Alexander Raue, der auch Mitglied des Landtags ist und erneut zur Stadtratswahl antritt, wollte beispielsweise von der Stadtverwaltung wissen, ob man damit rechnen müsse, dass „Deutsche“ in Zukunft vor Muslim_innen in Halle flüchten müssten. Damit spricht er nicht nur Muslim_innen ab, Deutsche zu sein, wenn sie das wollen. Er spielt damit auch auf eine zentrale, falsche Behauptung neurechter Ideologie an: Den „Großen Austausch“, in neonazistischen Kreisen auch als „Umvolkung“ oder „Volkstod“ bezeichnet.

„NEUE RECHTE“: Ist eine Selbstbezeichnung, mit der man sich von der „alten“ extremen Rechten abgrenzen will, obwohl die Unterschiede im Ergebnis nicht sehr groß sind. Sie gibt sich akademisch und bezieht sich auf Autoren, die als Vordenker des Nationalsozialismus gelten. Deren Schriften & Ideologie fasst sie als „Konservative Revolution“ zusammen, womit über die wahren anti-demokratischen, völkischen und faschistischen Inhalte und die Nähe zum Nationalsozialismus getäscht werden soll.

Dunkle Mächte“, die EU-Kommission und die Bundesregierung sorgen angeblich gezielt dafür, dass sich die Zusammensetzung der Bevölkerung in Deutschland und Europa verändert und es bald nur noch wenige „Deutsche“ geben wird. Das ist nicht nur falsch, sondern zeigt auch, dass „Deutsche“ und Teile des „Volks“ für die Neue Rechte nur die sein können, denen sie das erlaubt. Wer für sie nicht dazu gehört, soll vertrieben werden. Die „Identitäre Bewegung“ fordert das mit der Parole „Remigration jetzt“, was sich mit „Ausländer raus“ übersetzen lässt. Raue ist Erstunterzeichner der „„Erfurter Resolution“, mit der sich „„Der Flügel“ in der AfD gegründet hat, eine völkisch-nationalistische Gruppierung rund um Björn Höcke und andere.

„IDENTITÄRE BEWEGUNG“: Ist eine neurechte Strömung der extremen Rechten. Die lokale Gruppe in Halle wurde von ehemaligen Neonazis mit-gegründet und betreibt in der Adam-Kuckhoff-Straße 16 ein rechtsextremes Hausprojekt. Sie inszeniert sich als jung und akademisch. Immer wieder tritt sie gewaltbereit auf, Mitglieder griffen Journalist_innen, Studierende und Polizist_innen an. Ihr Zeichen ist ein schwarzes Lambda (umgedrehtes Y) auf gelbem Grund.

Mit Hannah-Tabea Roeßler kandidiert für die AfD auch eine Person, die immer wieder als Aktivistin für die „Identitären“ auftritt. Sie ist auch Gründungsmitglied des „Flamberg e.V.“ Der Verein der „Identitären Bewegung“ in Halle lädt im rechtsextremen Hausprojekt in der Adam-Kuckhoff-Straße zu Veranstaltungen und Kneipenabenden ein, bei denen Menschen für die extreme Rechte gewonnen werden sollen. Roeßler sitzt für die „Campus Alternative“, die AfD-nahe Hochschulgruppe im Studierendenrat der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. 

Christopher Lehmann wurde im Februar 2019 in den Bundesvorstand der „Jungen Alternative“ (JA) gewählt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) informierte im März 2019, dass es die JA und die AfD-Teilorganisation „Der Flügel“ beobachtet. Lehmann ist Kollege von Roeßler in der „Campus Alternative“ Halle und vertritt sie im Studierendenrat. Er war auch mehrfach im Haus der „Identitären“ anwesend und ist mit „„Identitären“ auf Fotos zu sehen. In der Bekleidung eines Burschenschaftlers (unter anderem mit „„Schärpe“, ein farbiges Band) zeigen ihn Fotos bei Veranstaltungen der Burschenschaften „Saxo-Silesia“ in Freiburg – wo er früher studierte – und „HLB Germania“ in Halle. Beide sind Mitglieder der extrem rechten „Deutschen Burschenschaft“. Sie wird immer wieder als sexistisch, reaktionär und rassistisch kritisiert. Lehmann gab gegenüber der Wochenzeitung DIE ZEIT an, den Kontakt zur „Identitären Bewegung“ inzwischen zu bedauern. An seinen Aktivitäten in der extremen Rechten hat das jedoch nichts geändert.

„NEURECHTE VERLAGE“: Sind ein wichtiger Teil der Neuen Rechten, dazu gehören Verlage wie der Antaios-Verlag von Götz Kubitschek mit Sitz in Schnellroda. Dort erschien in deutscher Übersetzung ein für die „Identitären“ wichtiges Buch, mit dessen Titel der Attentäter von Christchurch sein „Manifest“ überschrieb, bevor er 50 Menschen tötete. Kubitschek ist schon lange in der extremen Rechten aktiv, lange weitgehend erfolglos mit der „Konservativ Subversiven Aktion“, (KSA) bevor er durch die Zusammenarbeit mit Teilen der AfD und den „Identitären“ bekannt wurde.

Für das „Team Schrader“ tritt Marco Kanne an.  2009 war er Teil der neurechten „Konservativ Subversiven Aktion“, für sie störte er eine Sitzung im Rathaus in Chemnitz. Er betätigte sich als Autor der neurechten Zeitschrift „Eigentümlich frei“ und hatte eine eigene rechte Liste für die Wahl zum Stadtrat von Weißenfels gegründet, den „Weißenfelser Bürgerbund“ (WBB), womit er aber keinen Erfolg hatte. Danach war er bis Oktober 2015 Mitglied der AfD im Burgenlandkreis und für eine Weile dort stellvertretender Kreisvorsitzender der Partei. Das „Team Schrader“ wollte sich auf Nachfrage dazu nicht äußern.

Zwischen der AfD, rechten Verlagen und der „Identitären Bewegung“ bestehen weitere inhaltliche und personelle Verbindungen. Die „Identitäre Bewegung“ wird durch den Verfassungsschutz beobachtet.